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Transkript

Körperwahrheiten.
In diesem Podcast geht es um Dich. Darum, was Dein Körper Dir erzählt, darum, wie Du mit Dir redest und wie alles zusammenhängt.

Hier spricht Marianne Brünninger.
Ich begleite Menschen in Bewegung – körperlich, mental und im Nervensystem.
Im Alltag, im Training und auf den Minitrampolinen.


Wegen diesen zwei Fehlern lebst du weiterhin in der Diätgesellschaft – und wirst es auch nicht schaffen, fitter zu werden.
Es geht um Fehler. Und es geht um Studien.

Trau keiner Studie, die du nicht selbst gefälscht hast.

Was ich dir damit sagen will: Stell das in Frage, was man rausfindet.
Denk dran, wie mit dem Fett vor 20, 30 Jahren umgegangen wurde – das „böse Fett“.
Dann waren es die bösen Kohlenhydrate.
Und was sagen wir in zehn Jahren?

Wenn du dir Studien anschaust, dann schau auch, wer sie bezahlt hat, wer daran verdient und auf welche Körper sie sich beziehen.
Denn ein ganz zentraler Punkt in der Forschung ist bis heute: Sie wurde jahrzehntelang fast ausschließlich an Männern betrieben.

Bis in die 1980er Jahre galt der männliche Körper als medizinischer Standard.
Medikamente und Trainingsrichtlinien wurden fast ausschließlich an Männern getestet – man ging davon aus, dass die biologischen Prozesse gleich seien.
Erst seit den 1990er Jahren begann sich das zu ändern: Die geschlechtersensible Medizin untersucht, wie sich biologisches und soziales Geschlecht auf Gesundheit und Krankheit auswirken.

Ein wichtiger Meilenstein war 1994 – eine US-Richtlinie schrieb erstmals vor, Frauen in klinische Studien einzubeziehen.
Aber: Diese Gleichstellung ist bis heute nicht vollständig umgesetzt.
Frauen sind nach wie vor unterrepräsentiert, was zu einer Wissenslücke führt – der sogenannten Gender Health Gap.

Das betrifft auch Sport, Ernährung, Schmerztherapie und psychische Gesundheit.
Viele Erkenntnisse, die als allgemeingültig gelten, beziehen sich auf männliche Körper.
Aber Frauen haben andere hormonelle Rhythmen, andere Belastungstoleranzen und ein anderes Nervensystemprofil.

Deshalb ist es so wichtig, dass du lernst, auf deinen eigenen Körper zu hören.
Dass du dich nicht danach richtest, was Studien im Durchschnitt sagen, sondern was dein Nervensystem dir im Moment zeigt.


Als ich meine Ausbildung zur Sporttherapeutin gemacht habe und angefangen habe, wissenschaftlich zu arbeiten, war das eine meiner größten Erkenntnisse:
Auch wenn uns heute gesagt wird, du musst Sport so oder so machen – 100 % sicher weiß es keiner.

Wir wissen heute manches besser, aber längst nicht alles.
Was vor zehn Jahren galt, ist heute oft überholt.
Fett war einmal schlecht, dann wieder gut.
Ausdauer galt als einzig wahre Lösung, dann kam Krafttraining, dann High-Intensity.

Und trotzdem: Keine dieser Wahrheiten passt zu allen.
Denn unser Körper ist kein Laborversuch, sondern ein lebendes System.
Was heute für dich funktioniert, kann morgen schon anders sein – weil dein Nervensystem, dein Hormonhaushalt und dein Alltag ständig in Bewegung sind.

Deshalb ist es viel sinnvoller, wenn du dich an deinem Wohlgefühl orientierst.
Wenn du dich für Bewegung entscheidest, weil sie dir gut tut.
Wenn du isst, weil du spürst, dass dein Körper Energie braucht – nicht, weil du dich an eine Regel hältst.

Diese innere Orientierung ist das, was dein Nervensystem wirklich stabilisiert.
Nicht Kontrolle. Nicht Disziplin.
Sondern das Vertrauen, dass du spüren darfst, was dir guttut – und dass das reicht.

Wissenschaft verändert sich.
Wahrheit ist beweglich.
Und dein Körper ist keine Maschine, die du nur richtig programmieren musst.
Er ist ein lebendiges System, das Signale sendet – und dich eigentlich nur bittet, zuzuhören.


Wir wissen nicht, was deine Diätkultur, deine Versuche, mit Fingerschnipplösungen fit zu werden, langfristig mit deinem Körper machen.
Aber – und da kommt das große Aber – die zwei Fehler, die du definitiv machst, sind:

  1. Du gehst mit deinen Fehlern nicht freundlich um.

  2. Du hältst dich selbst für das Problem.

Stell dir vor, du hast dir vorgenommen abzunehmen.
Du willst Kalorien sparen – und am dritten Tag kommt die Heißhungerattacke.
Oder dein Zyklus funkt dazwischen. Und dann?
Du suchst Ausreden. Oder du machst dich klein und sagst: „Ich kann mich einfach nicht zusammenreißen.“

Das ist keine Fehlerkultur.
Gesellschaftlich leben wir keine positive Fehlerkultur.
Wenn du Fehler machst, wirst du bestraft.

Denk an Medienkonsum, Suchtmittel, Zucker, Alkohol, Drogen – oder auch Sportsucht.
Es gibt sogar Menschen, die süchtig danach sind, keine Fehler zu machen.
Alles, was extrem ist, ist schlecht.

Wo kannst du also ansetzen?
Bei deiner Fehlerkultur.

Fehler sind Helfer – nur anders geschrieben.
Vertausch die Buchstaben, und du bist schon da.

Schau mal in der Rückschau:
Was ist in den letzten Jahren für dich passiert?
Was hast du dir vorgenommen – und was hat sich wirklich verändert?

Schuldzuweisungen, Ermahnungen, Bestrafungen – sie bringen nichts.
Sie machen dich klein.
Und sie führen dazu, dass du dein Verhalten nicht veränderst.

Wenn du dir sagst:
„Weil ich zu viel Schokolade gegessen habe, esse ich nächste Woche keine“,
wird dein Schokoladenkonsum sich wahrscheinlich verdreifachen.
Wir wissen, dass Bestrafungen nicht funktionieren.

Es geht um positive Fehlerkultur.
Wenn du Body Positivity oder Körperakzeptanz leben willst, dann beginn hier:
Wie gehst du bisher mit dir um, wenn dein Gewicht steigt?
Oder wenn du Schmerzen hast?

Auch das ist interessant:
Wenn du Schmerzen hast, gehst du in Schonhaltung.
Aber Rückenschmerzen brauchen selten Bettruhe.
Was bekommst du verschrieben? Physiotherapie. Bewegung.

Sind Schmerzen Fehler?
Oder sind sie Signale?
Dein Körper weist dich auf etwas hin.

Wenn dein Knie beim Berggehen wehtut, ist das kein Scheitern.
Es ist Information.
Dann geht es darum zu fragen:
Wie kann ich es anders machen?
Wie kann ich mich anpassen, statt mich abzuwerten?

Fehler zeigen, dass du lebst, dass dein System reagiert.
Und du kannst lernen, sie als Helfer zu sehen.

Ich wäre gar nicht auf das Thema gekommen, wenn ich dir nicht vorher eine E-Mail geschrieben hätte – ein vermeintlicher Fehler.

Also:
Wie gehst du bisher mit Fehlern um?
Kannst du sie kommunizieren?
Oder gehst du sofort in Ausreden, Vergleiche, Rückzug?

Nichts davon ist konstruktiv.
Wir haben es einfach nicht gelernt.

Wenn du beginnst, hinzuschauen – liebevoll, ehrlich, neugierig – dann kannst du etwas verändern.
Du musst nicht sofort wissen, was du tun sollst.
Fang damit an, deine Muster zu sehen.

Denn du kannst nicht ständig sagen:
„Ich probiere jetzt noch die nächste Diät“,
wenn du gar nicht weißt, was du bisher versucht hast.

Frag dich lieber:
Wie ist das bei mir mit der Fehlerkultur?
Wie gehe ich wirklich mit mir um?

So kommen viel mehr Menschen zu Lösungen – Lösungen, die nicht darauf abzielen, dass du falsch bist.


Lizenzhinweis:
Diese Folge des Körperwahrheiten Podcasts von Marianne Brenninger steht unter der Lizenz CC BY-NC-ND 4.0 International. Inhalte dürfen geteilt, aber nicht bearbeitet und nicht kommerziell genutzt werden.